Dieser unbekannte Blumen-Kurgast geniesst gerade eine Unterwasserstrahl-Massage.

«Wirkt gegen Kälte des Hirns und trocknet das Fleisch»​

Über die Jahrhunderte hat sich die Thermalwasseranwendung verändert und, mit mehr Hygiene, glücklicherweise auch verbessert. Während einer Badekur im Mittelalter und in der frühen Neuzeit verbrachte man fast den ganzen Tag im Wasser. Ziel war es damals, einen Badeausschlag zu provozieren.

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In der Belle Epoque war ein regelmässiger Kuraufenthalt von Wochen bis zu Monaten eine boomende temporäre Lebensform, welche die gesellschaftlich gehobenen Schichten vereinigte und dank Kunst, Theater und Musik zu einer kulturellen Blüte führte, die noch heute fasziniert. Baden empfing zu dieser Zeit sehr viele Gäste. Die balneologische Einrichtung dazu in der Blume war umfassend, wie ein Text aus einem Hotelprospekt aus den 1880er Jahren aufzeigt:

«Im Souterrain befinden sich 38 hohe gewölbte Badekabinete mit Cementbassin und telegraphischer Glocke versehen, sowie zwei helle bequeme Gasdampfbäder. Die 7 Douchen sind praktisch eingerichtet und können in beliebiger Temperatur als Kopf-, Seiten-, Fuss- oder Mutterdouchen angewendent werden. Für Trinkkuren ist im Hofe ein Thermalwasserbrunnen angebracht. Die Massage wird von tüchtig geschultem Personale ausgeübt. Auf Verlangen der Patienten werden auch Soolbäder verabfolgt. Die Badeeinrichtung des Hotels hat die nicht zu unterschätzende Annehmlichkeit, dass sich die Badenden niemals dem Luftzug aussetzen müssen, indem die Bäder durch eine Separattreppe unmittelbar mit den Zimmern in Verbindung gesetzt sind. (…) Mit der Badekur können auch in vorteilhafter Weise Milch- und im Herbst Traubenkuren verbunden werden, für welche letztere der Wettingerberg eine vorzügliche Frucht bietet.»

Gotthilf Wilhelm Schwartze erklärt, wie ein Gasdampfbad im 19. Jahrhundert funktionierte:

«Gasdampfbäder, in der Absicht eingerichtet, um Wasserdämpfe und Gas auf den ganzen Körper, mit Ausnahme des Kopfs, einwirken zu lassen, da die Erfahrung gelehrt hat, dass bei trockner, unthätiger Haut die Anwendung von Wasserdämpfen die Aufnahme und Wirksamkeit des Gases ungemein erhöht. Der Apparat zu diesem Gasdampfbade besteht aus einem gut geformten, hölzernen, möglichst luftdichten Kasten, in welchem ein Sitzbrett von veränderlicher Höhe so angebracht ist, dass der Kopf des Badenden durch einen Ausschnit im Deckbrette desselben hervorragt. Aus diesem Ausschnitte befindet sich ein Leder, welches dicht um den Hals anliegt, und das Ausströmen des Gases verhindert. Der Kasten hat einen doppelten Boden, von denen der obere durchlöchert ist. Zwischen diesen Böden liegt ein Dampfrohr, mittelst dessen der Kasten schnell mit Dämpfen angefüllt wird. Das Gasrohr öffnet sich zwei Fuss über den obersten Boden im innern Raume des Kastens und beide Röhren sind ausserhalb durch Hähne verschliessbar. Die vordere Bekleidung des Kastens dient als Thür und wird geschlossen, sobald sich der Badende niedergesetzt und sein Kopf durch den Ausschnitt in dem Deckel eingeschlossen ist.»

Im Jahre 1458 beschrieb der Chorherr Felix Hemmerli die Indikationen des Badener Thermalwassers in seinem «Tractatus de balneis naturalibus». Sein Badeführer bezeugt den «balneologischen» Wissensstand des Mittelalters, der nur mithilfe der Theorie der Humoralpathologie respektive der Viersäftelehre zu verstehen ist. Man schröpfte und liess zur Ader, damit sich die «Säfte» im Körper im Gleichgewicht befanden.

Im Bad blieb man so lange, bis sich die Haut öffnete und diese angeblich schlechten «Säfte» rausfliessen konnten – raus ins Wasser des Gemeinschaftsbeckens. Das Aufkommen des Einzelbads war eine Folge des «Hygienismus» im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert. Auch die neuartige Trinkkur veränderte den Kuralltag, und seit ca. 1850 gibt es in der Blume einen Trinkbrunnen. 1872 erhielt der Innenhof ein Dach, sodass sich der Gast auf seinem Weg vom Zimmer ins Bad nicht mehr der kalten Luft aussetzen musste. Die seit dem Mittelalter anhaltende Tendenz, in immer kleineren Becken zu baden, wurde fortgesetzt: kleinere und individuellere Becken, kürzere Aufenthaltszeit im Wasser, tieferes Eintauchen.

Der Chorherr Felix Hemmerli beschreibt 1458 die Indikationen des Badener Thermalwassers:

«Das Wasser hilft gegen Kälte des Hirns, Krankheiten der Augen, Ohren und Nase, Kopfschmerzen, Katharr, Feuchtigkeit der Zunge und des Gaumens, es unterstützt die Verdauung, befreit verstopfte Leber und Milz und hilft gegen dortige Schmerzen und deren Ursache; es heilt die Trägheit un den Schmerz der Nieren und hilft gegen Verhaltung; es erhitzt und trocknet das Fleisch und die schlechten Säfte und zieht besonders diejenigen zwischen Haut und Fleisch heraus; es erhellt die Haut und nützt gegen alle Hautkrankheiten; allen Phlegmatikern, denjenigen, die überflüssige Säfte haben, und Epileptikern ist es zuträglich; auch gegen Krankheiten der kalten Glieder wie Chirorga und Podagra ist es ein Heilmittel; den an Hycteria Leidenden ist es nicht in allen Fällen nützlich.

Gegen alle Krankheiten aus kalter Ursache nützt es. In allen Arten der Krankheit ist es den Frauen nützlicher als den Männern. Kindern unter zehn Jahren ist es schädlich. Ältere Menschen sollen es mit Vorsicht benutzen. Wegen seiner natürlichen Wärme nützt es allen Frauen, die aufgrund ihrer Kälte unfruchtbar sind; diese macht es fruchtbar; auch den Schwangeren ist es zuträglich. Es stärkt die Gebärmutter und die Vulva und heilt Verletzungen bei der Entbindung. Es heilt Verletzungen verschiedenster Ursache, ebenso die davon übriggebliebenen Narben. Es heilt Hautkrankheiten besonders gut wegen seines Alaunanteils.

Unzuträgliche Wirkungen des Bades für den gesunden Badenden treten dann auf, wenn die Komplexion des Badenden sich nicht mit der Wärme des Bades verträgt. Besonders in Verbindung mit übermässigem Geschlechtsverkehr wird durch das Bad die Feuchtigkeit des Menschen verzehrt, wodurch unheilbare Krankheiten entstehen. Dies betrifft mehr noch den Mann als die Frau wegen der Eigenschaften des Mannes.»

Bereits die Römer nutzten die gleiche Quelle wie die heutigen Gäste der Blume. Die ehemalige Kantonsarchäologin Andrea Schaer geht davon aus, dass in Baden eine ununterbrochene Badetradition mindestens seit der Römerzeit besteht. Aquae Helveticae lag in nächster Nähe zu Vindonissa, dem heutigen Windisch. Erste Bauarbeiten in Baden sind um die Zeitenwende nachgewiesen; umfangreiche Arbeiten fanden zwischen 18 und 21 n.Chr. statt und ein weiterer Ausbauschritt erfolgte zwischen 29 und 33 n.Chr.

Die ursprünglichen Gemeinschaftsbäder der Blume werden im nordwestlichen Teil vermutet, wo sich heute die Heizung und weitere Räume unter historischem Gewölbe befinden. Damit lagen die Bassins so nahe wie nur möglich an der Quelle des Grossen Heissen Steins.

Das Wasser des Grossen Heissen Steins floss mehreren Gasthäusern zu und die korrekte Verteilung führte immer wieder zu Streit unter den Badewirten. Die Waseraufteilung wurde jährlich überprüft: Die Badöffnung (oder Baderziehung) der Quelle fand jeweils am Montag vor dem Palmsonntag statt:

«Um sieben Uhr morgens versammelten sich alle Glieder des kleines Rats der Stadt Baden samt dem Stadtphysikus und allen Stadtbedienten beim Stein. In ihrer Gegenwart wurde ein Stück von demselben weggehoben und der Verteilung des Wassers in die benachbarten Höfe dienliche Teiler wurde von neuem gelegt. Die Wasserleitung wurde untersucht und gereinigt.»

Fürbeth, Frank: Heilquellen in der deutschen Wissensliteratur des Spätmittelalters, Wiesbaden, 2004, S.137-138.

Schaer, Andrea: Stadtgeschichte Baden, S. 17 und S. 49.

Schwartze, Gotthilf Wilhelm: Allgemeine und specielle Heilquellenlehre oder hydrologische und balneographische Tabellen, Leipzig, 1839, S.178.

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Die Infopoints
10 / 11 / 12
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